128 km / 3968 Hm / 6 Pässe (Saint-Michel-de-Maurienne – Lac du Chambon)
Auch die dritte Etappe stand wieder im Zeichen der großen Klassiker der Tour de France — mit dem Col du Galibier und l’Alpe d’Huez Radsportmythos pur. Bevor es aber in Saint-Michel-de-Maurienne los gehen konnte, war die erste Reparatur fällig. Mein Hinterreifen hatte über die Nacht eine merkwürdige Blase geworfen. Mein Fachhändler hatte vor kurzem schon darauf hingewiesen, dass von meinem aktuellen Reifenmodell (Schwalbe Ultremo R) eine fehlerhafte Charge im Umlauf sei. Da hatte es mich wohl erwischt. Also Reifen gewechselt und los. Die Einrollphase fiel allerdings sehr kurz aus. Vom Hotel bis zum Abzweig auf den Col du Telegraph / Col du Galibier waren es gerade mal 500 Meter. Gut, dass die Steigung zu Beginn eher moderat ausfiel und ich wieder schnell meinen Rhythmus fand. Bis zum Col du Telegraph begleitete mich ein ziemlich rüstiger 66-jähriger Franzose. Hut ab, wie locker der mein Tempo mitgehen konnte.
Bevor nun der eigentliche Anstieg zum Galibier begann, verlor ich wieder etwa 150 Höhenmeter bis Valloire. Dann folgten knapp 10km ohne eine Kehre, dafür fesselte einen die hochalpine Landschaft immer mehr. Weite Wiesenhänge wechselten mit schroffen Felsformationen. Ab der ersten Kehre wurde die Strecke deutlich steiler, jedoch immer noch rund zu treten. Faszinierend, wie sich die Straße durch die Geröllfelder wand. Dann kam, was kommen musste: ich wurde zum ersten Mal seit Beginn der Frankreichtour überholt. Naja, ich konnt’s verkraften 😉 Sich ranzuhängen machte zu diesem Zeitpunkt wirklich keinen Sinn in Anbetracht der noch zu absolvierenden Strecke. Ein paar andere Radler konnte ich jedoch noch einholen, die sich teilweise schon unglaublich quälten. Am Col dann nach wie vor herrlichstes Wetter mit Postkartensicht auf die umliegenden teils vergletscherten Gipfel.
Die Abfahrt im weiteren Verlauf machte auch ziemlich Laune: flüssig zu fahren, denn der Verkehr hielt sich noch in Grenzen. Für die Sammlung gab’s dann quasi im Vorbeifahren noch den Col du Lautaret, wo die Passstraße des Galibier in die Hauptverbindungsstraße zwischen Briancon und Bourg-d’Oisans mündet, die für die Höhe von immer noch 2000 Metern erstaunlich gut ausgebaut ist.
Da ja als nächstes Alpe-d’Huez auf dem Programm stand, ging’s also in Richtung Westen weiter, etwa 25km ständig mehr oder weniger bergab. Lediglich ein paar äußerst spärlich beleuchtete Tunnel trübten den Spaß ein wenig. Nach dem Barrage du Chambon (ein relativ großer Stausee), verengte sich das Tal zu einer breiten Schlucht — ein landschaftlich wieder sehr reizvoller Abschnitt. Die letzten Kilometer bis Bourg-d’Oisans dann ausnahmsweise mal flach. Gelegenheit also, um für die kommenden Anstrengungen nochmals Kraft zu tanken.
Denn der Aufstieg zur Skistation l’Alpe d’Huez ließ keine Ruhepausen zu. Gleich die erste Rampe türmte sich geradezu vor mir auf. Dazu kamen wieder etwa 30 Grad im Tal und bereits 85km auf dem Tacho. Doch letztendlich ist wohl der Mythos größer als die Fakten hergeben. Klar, mal eben da hochfahren wäre übertrieben ausgedrückt, aber zu den superschweren Anstiegen gehört l’Alpe d’Huez sicherlich nicht. Gigantisch — allerdings im negativen Sinne — ist die Skistation selbst. So hemmungslos, wie dort oben geklotzt wird, sollte verboten werden!
Wem Alpe-d’Huez noch nicht genug ist (so wie mir), der kann nochmals knapp 200 Höhenmeter nachlegen. Über den Col de Poutran (Passschild hab ich leider keines gefunden), führt die asphaltierte Straße (oder was davon übrigblieb) bis zum Lac de Besson.Hier war allerdings endgültig Schluss, sodass ich wieder nach Alpe-d’Huez zurück holpern musste.
Wer’s gerne auch mal abenteuerlich mag, dem sei statt der Abfahrt zurück nach Bourg-d’Oisans der Col de Sarenne empfohlen. Schlagartig wechselt die Szenerie von der Beton-Gigantomanie zu absoluter Abgeschiedenheit. Entsprechend war auch die Qualität der Straße. Ein MTB wäre wohl die bessere Wahl gewesen. Meinem Vater im Begleitfahrzeug konnte ich jedenfalls spätestens nach diesem Geländeritt das Pässefahrerdiplom aushändigen. Die Passhöhe ist eher unscheinbar, ein richtiges Schild hab ich auch hier nicht gefunden, nur einen Warnhinweis auf die anstehende Abfahrt. Tempofetischisten kommen hier sicher nicht auf ihre Kosten. Trotzdem hat sich dieser Abstecher gelohnt, der gezeigt hat, dass es nicht immer nur die berühmten Pässe sein müssen. Fazit der dritten Etappe: einfach geil!