Swissalpine K78

79,4 km / 2600 Hm / 9:29:19 h
374. (1060) Gesamt / 338. (887) Männer / 71. (149) AK

Bei meiner letztjährigen Teilnahme am Jungfrau-Marathon ist mir ein Finisher-Shirt besonders oft aufgefallen: Swissalpine K78. Was sich dahinter wohl verbergen würde?

Nachdem ich meinen ersten Bergmarathon erfolgreich absolviert hatte, musste ich nicht lange recherchieren. Der Swissalpine in Davos ist die größte Bergmarathon-Veranstaltung der Alpen und der K78 die Königsdistanz: 79,4 km und 2600 Höhenmeter. Eine Idee war geboren!

2012 sollte also das Jahr werden, in dem ich mich an Distanzen jenseits der 42 Kilometer wagen würde.

Um auf Nummer sicher zu gehen, meldete ich mich bereits letzten November für einen Startplatz. Es folgte eine mehrmonatige Vorbereitung mit vielen langen Läufen (u.a. dem Edinburgh Marathon und einem 60 Kilometer Sololauf).

In bester Verfassung machte ich mich schließlich nach der Arbeit am Vortag des Wettkampfes auf den Weg nach Davos. Die Startnummernausgabe war bestens organisiert, die ganze Stadt (übrigens die höchstgelegene der Alpen) schien bereits vom Lauffieber angesteckt zu sein. Die Kohlehydratspeicher füllte ich noch mit leckerem Schweizer Rösti, ehe ich nach einem geeigneten Schlafplatz suchte, was bereits die erste Herausforderung darstellte. Parkverbote bis wirklich in die letzten Winkel der Stadt – schlechte Karten für mein „Hotel Toyota“.

Nachdem ich dann doch noch ein Plätzchen gefunden hatte, folgte eine typische Vorwettkampfnacht. Ist der Wecker gestellt? Hab ich alles dabei? Unruhig eben.

Um fünf Uhr dann endlich die Erlösung. Leichtes Frühstück, die richtigen Klamotten auswählen. Was würde das Wetter machen? Die Vorhersage war nicht gerade optimal. Ab elf Uhr Schauer, teilweise auch heftige Gewitter. Also auf jeden Fall Regenjacke und einen Zweiten Satz First-Layer in den Rucksack. Außerdem die Trinkblase halb gefüllt, einige Energy-Gels, Handy und sonstigen Kleinkram.

Nach kurzem Fußmarsch zum Startgelände nur noch wenige Minuten zum Start. Neben den etwa 1000 Teilnehmern des K78 fanden sich dort auch die Läufer des C42 und des K30 ein.

Pünktlich um sieben ging’s los. Erst in einer Schleife durch Davos, anschließend Richtung Süden, die ersten zwölf Kilometer durchgängig auf Asphalt. An einem ersten kleinen Anstieg wechselten relativ viele Läufer bereits vom Laufen ins Gehen. Sollte ich auch Tempo rausnehmen? Ich entschied mich, meinen Rhythmus zu halten, lockere sechs Minuten pro Kilometer.

In Glaris verließen wir dann die Hauptstraße. Es folgte der erste nennenswerte Anstieg in Richtung Spina und der Untergrund wechselte auf Forst- bzw. Waldwege. Mit 1700m ü.M. war ein erster „Hochpunkt“ erreicht (Davos liegt auf 1500m ü.M.). Nun folgte erst mal ein sehr lang gezogener „Abstieg“. Das Gefälle war meist kaum spürbar. Doch bei Kilometer 30 in Filisur befanden wir uns nur noch auf 1000m ü.M. Man könnte auch sagen, dass man sich bis dahin gerade mal warm gelaufen hat. Der eigentlich interessante und schwierige Teil begann erst jetzt.

Ein Bergrutsch vom Vorabend hatte leider den folgenden Abschnitt versperrt, weshalb nochmals für ein längeres Stück auf die Straße gewechselt werden musste. Zufällig war es gerade der Teil, den ich bereits von meinen Rennradtouren kannte, nämlich die Anfahrt über Bergün zum Albulapass. Dort kam ich ins Gespräch mit einem Teilnehmer aus Nördlingen, der bereits zum 23. Mal den K78 absolvierte. Respekt! Immer noch laufend, sammelten wir an dieser steilen Passage jede Menge vor uns liegender Teilnehmer ein.

Nächste Station war Bergün. Diejenigen, die in Davos ihr Drop-Bag abgegeben hatten, konnten nun ihre Wäsche, Schuhe oder sonst was wechseln. Ich entschloss mich ja mit Laufrucksack an den Start zu gehen und konnte hier einfach passieren.

Inzwischen war Kilometer 40 erreicht. Mit gut vier Stunden lag ich noch sehr gut im Schnitt und fühlte mich immer noch relativ locker. Beunruhigender war allerdings die Entwicklung des Wetters. Wie angekündigt, begann es um Punkt elf Uhr zu regnen. Dichte Wolken versperrten die Sicht und es wurde merklich kühler. Jetzt eine Regenschlacht bis zum Ziel? Das würde hart!

Um zu sehr auszukühlen brauchte man sich allerdings auf den nächsten Kilometern nicht zu sorgen. 1300 Höhenmeter auf 14 Kilometer bis zur 2632 Meter hochgelegenen Keschhütte heizten gehörig ein. Spätestens hier war es wohl nur wenigen Profis vorbehalten, weiterhin im Laufschritt voran zu kommen. Das Gelände war einfach zu steil und ruppig, sodass nun Speed-Hiking, Power-Walking oder einfach schnelles Wandern angesagt war.

An der Keschhütte angekommen, mussten sich alle Teilnehmer einem kurzen ärztlichen Check unterziehen. Eine gute Sache wie ich finde. Schließlich waren bereits 54 Kilometer absolviert. Aufgrund der exponierten Lage blies dort nun auch noch ein wirklich heftiger Wind. Doch die Organisatoren hatten vorgesorgt. Am Ende des Checks wurde einem ein Einweg-Wind- bzw. Regenschutz übergestreift – toller Service!

Doch wie so oft in den Bergen gab es einen raschen Wetterwechsel – glücklicherweise zum Besseren! Während des ersten steilen Downhills riss die Wolkendecke auf und einem perfekten Finish stand nichts mehr im Wege.

Doch der Reihe nach. Mit dem Sertigpass (2739m) musste ja ein weiterer Anstieg gemeistert werden. Auch hier war Laufen beim besten Willen (für mich) nicht möglich (ich sah auch sonst niemand laufen). Nach nochmals fast 400 Höhenmetern und bereits bei Kilometer 60 angekommen war das Dach des K78 erreicht. Der erste Schub Glückshormone – einfach fantastisch dort oben!

Wovor ich im Vorfeld wirklich Respekt hatte war der nun abschließende 19 Kilometer lange und anfangs sehr steile Downhill. Würden nach über sieben Stunden Laufzeit die Beine noch mitspielen?

Doch irgendwie funktionierte alles wie von alleine. Einfach weiter laufen. Rollen lassen. Gar nicht versuchen, das Tempo herauszunehmen, das würde nur unnötig Kraft kosten. Ich hatte einen super Rhythmus gefunden und nichts konnte mich mehr aufhalten.

Je weiter wir die hochalpine Region verließen, desto mehr Zuschauer säumten die Strecke. Da die Vornamen auf den Startnummern aufgedruckt waren, wurde man sehr oft mit Namen angefeuert. „Hopp Christian!“ Sehr motivierend – und sehr emotional!

Kurz vor Davos gab es nochmals einen schönen Single-Trail, bevor auf dem letzten Kilometer durch die Stadt die Zuschauer wirklich jedem Teilnehmer einen würdigen Zieleinlauf spendierten. Gänsehaut-Feeling pur auf den letzten Metern und nach neuneinhalb Stunden glücklich im Ziel!

Ein Wort noch zu den Organisatoren und Helfern: absolut top! Inzwischen hab ich ja auch schon ein wenig Erfahrung, doch der Swissalpine zählt sicherlich zu den bisher professionellsten Veranstaltungen. Und auch die Helfer, die ja ebenfalls stundenlang und bei teilweise widrigen Bedingungen ausharren mussten, hatten immer ein paar freundliche Worte und ein Lächeln für die Läufer parat.

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